Systemische Therapie

Handwerk der Psychotherapie, Band 1

2013, 136 Seiten, hrsg. von Arist von Schlippe

ISBN 978-3-86333-001-9
Preis: 19.80 (enth. MwSt.: 1.30 €)


Was hat die systemische Therapie gemeinsam mit anderen Therapieverfahren, worin unterscheidet sie sich? Was kann sie besonders gut, und was können sich Vertreter anderer Verfahren erhoffen, wenn sie systemische Methoden lernen und anwenden?

Dieses Buch liefert die Antworten, untermauert mit vielen Praxisbeispielen. Ultrakurz zusammengefasst lauten sie: Systemische Therapie ist wirksam bei beinahe allen bio-psycho-sozialen Problemlagen, besonders hilfreich jedoch zur Ent-Pathologisierung, Kontextualisierung und Ressourcenaktivierung. Sie fördert das Verständnis zirkulärer Zusammenhänge und macht Gespräche mit mehreren Teilnehmern leicht.

Ulrike Borst

Ulrike Borst

geb. 1955, Dr. rer. nat., Dipl.-Psych., Fachpsychologin für Psychotherapie und Klinische Psychologie FSP, Lehrtherapeutin und Lehrende Supervisorin SG.

Von 1989 bis 1995 Stationspsychologin, von 1995 bis 2002 Psychologin in Oberarzt-Funktion und Leiterin Qualitätsmanagement in der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen (Schweiz), von 2002 bis 2007 Leiterin Unternehmensentwicklung in den Psychiatrischen Diensten Thurgau (Schweiz). Mitglied des Dozenten- und Supervisorenteams des Ausbildungsinstituts für systemische Therapie und Beratung in Meilen / Zürich seit 1998. Seit 2006 Leiterin des Ausbildungsinstituts. Eigene Praxis in Zürich und Konstanz.

Schwerpunkte: Systemische Einzel-, Paar- und Familientherapie, Supervision, Team- und Organisationsentwicklung in der Psychiatrie und in anderen Organisationen des Sozial- und Gesundheitswesens.


Was die Erfahrung zeigt: Fallbeispiele, die für integrierende systemische Therapie sprechen 


Die folgenden zwei Fallbeispiele stellen die Suchprozesse dar, wie sie typischerweise während eines Therapieverlaufs stattfinden. Im Nachhinein sieht man den richtigen Weg klarer; zu jedem gegebenen Zeitpunkt der Therapie stellen sich aber viele Fragen, ob es so und nicht anders gemacht werden müsste. Sozusagen „invariant auf einer Metaebene“ ist in der systemischen Therapie nur die Vorgehensweise, den Kontext problematischen Verhaltens zu berücksichtigen und deshalb die Familie und andere Systeme ringsherum einzubeziehen, sei es gedanklicher Art (erster Fall) oder in realiter (zweiter Fall).

Die beiden Fallbeispiele zeigen aber auch, wie Techniken und Methoden, die anderen Verfahren entlehnt wurden, in eine genuin systemische Therapie integriert wurden.


1.1 Herr A.: PTSD – als Diagnose ausreichend?


Herr A. stammt aus Bosnien und kam 1992 als Flüchtling in die Schweiz. Er tritt wegen anhaltender, aber wechselnder Schmerzen in das große somatische Spital der Kantonshauptstadt ein: Meist sind Rücken und Kopf betroffen, aber auch in Beinen oder Armen tut es ihm weh. Nachts schreckt Herr A. häufig auf. Bilder aus dem Krieg, den er größtenteils in Konzentrationslagern verbracht hat, tauchen dann blitzartig wieder auf. Wenn er sich an die Geschehnisse im Lager erinnert, muss er auch tagsüber heftig würgen. Zu Hause hält er es kaum noch aus. Seine Frau und die vier Kinder – drei Söhne, eine Tochter, wobei die Tochter bereits zwanzig ist – schreit er häufig an. Am Arbeitsplatz häufen sich die Fehlzeiten, der Arbeitgeber hat schon mit Kündigung gedroht.

Im Spital wird keine organische Ursache der Schmerzen festgestellt. Nur sein Bluthochdruck und der Diabetes stellen Krankheiten dar, für die es klare Behandlungsleitlinien gibt. Um dem Patienten dennoch zu helfen, werden schlussendlich zehn verschiedene Medikamente verordnet. Als Herr A. eines Tages einer Krankenschwester gegenüber Suizidgedanken äußert, wird konsiliarisch ein Psychiater hinzugezogen. Dieser diagnostiziert eine posttraumatische Belastungsstörung und überweist Herrn A. in die psychiatrische Klinik.

Kurz nach dem Eintritt in die Psychiatrie erfährt Herr A., dass seine Tochter sich verlobt hat. Er ist empört, dass er nicht gefragt worden ist, und bricht den Kontakt zur Tochter ab. Am Telefon ist vom Sohn zu erfahren, dass Herr A. durch seine Krankheit daheim kaum noch als Familienoberhaupt akzeptiert wird.

Die psychotherapeutische und medizinische Behandlung geht nun Hand in Hand. Die Psychologin, die die Fallführung übernommen hat, beginnt mit Hilfe eines Dolmetschers, sich die Lagererlebnisse schildern zu lassen. Im gleichen Zeitraum vermittelt die Bewegungstherapeutin Herrn A. elementare Kenntnisse in Entspannungstechniken. Die Ärztin setzt allmählich die verschiedenen Beruhigungs-, Schlaf- und Schmerzmedikamente ab. Der Sozialarbeiter nimmt mit Einverständnis von Herrn A. Kontakt zum Arbeitgeber auf, um über einen schrittweisen Wiedereinstieg am Arbeitsplatz zu verhandeln.

Nun werden in den psychotherapeutischen Sitzungen die Erinnerungen an die Erlebnisse vertieft, nachdem Herr A. zunächst jeweils seine Entspannungsübungen gemacht hat. Trotzdem ist jede Sitzung wieder belastend, und Herr A. schwitzt jedes Mal stark. Er lernt aber, aus dem Lager an einen „sicheren Ort" zurückzukehren – dies alles in der Vorstellung. Die Psychologin achtet darauf, dass die Erinnerungen nicht überwältigend werden. Auch das Therapiezimmer ist ein sicherer Ort, der Dolmetscher und die Psychologin sind inzwischen vertraute Personen.

Nach den Vorstellungsübungen, die jeweils nur etwa zwanzig Minuten dauern, stellen sie noch viele Fragen zur Lebenssituation vor dem Krieg und erfahren, dass Herr A. in seinem Heimatort ein wohlhabender und angesehener Mann war. Er sagt, er sei der glücklichste Mann der Welt und „ein Mann wie ein Bär“ gewesen. In der Schweiz fühle er sich dagegen immer noch fremd.

Bereits nach der dritten Vorstellungsübung gehen die Symptome langsam zurück. Nach der sechsten Übung sagt Herr A. dann plötzlich, nun sei es ihm viel wichtiger, über die Situation in der Familie zu sprechen. Er stehe inzwischen völlig isoliert da, weil sich Frau und Söhne auf die Seite der verstoßenen Tochter geschlagen hätten.

Die Psychologin plant ein Familiengespräch. Frau A. ist jedoch so auf Distanz zu ihrem Mann gegangen, dass sie mehrere Termine platzen lässt. Also muss es anders gehen: Die psychotherapeutischen Gespräche haben nun den Schwerpunkt auf der Rolle, die Herr A. in seiner Familie innehat. Der älteste Sohn hat inzwischen beinahe die Rolle des Familienoberhaupts übernommen, Herr A. scheint ein wenig abgeschoben worden zu sein in die Klinik. Mit seinem Ärger über die Verlobung der Tochter steht er alleine da. Bei der Erhebung des Genogramms und der Erörterung der dazugehörigen Familiengeschichten stellt sich heraus, dass beide Schwestern von Herrn A. ohne Zustimmung der Eltern geheiratet haben und Herr A. damals als Ältester eine versöhnende Rolle zwischen Vater und Schwestern eingenommen hat.

Diese Parallele („Die Frauen der Familie A. machen, was sie wollen, und ihre Väter ziehen sich schmollend zurück“) beginnt ihn zu amüsieren. Er kommt allmählich zu der Erkenntnis, dass er eigentlich nur seine Tochter vor einer unglücklichen Ehe mit einem womöglich gewalttätigen Ehemann schützen wolle und dass er das am besten tun könne, indem er den zukünftigen Schwiegersohn kennen lernt.

Vier Monate nach Eintritt in die Klinik wird Herr A. zu seiner Familie entlassen. Er ist nun bereit, seine Tochter und ihren Verlobten in die Familie aufzunehmen. Er beginnt zunächst probeweise, zu 50 % am alten Arbeitsplatz zu arbeiten. Die Schmerzen sind zwar nicht ganz verschwunden, sie scheinen Herrn A. aber weniger zu plagen. Das Würgen tritt nicht mehr auf. Er schläft meistens durch, Schlafmittel braucht er dazu nicht mehr. Die Zahl der Medikamente hat sich bis zur Entlassung von zehn auf drei reduziert.

Fazit: Herr A. bekam zunächst eine Vielzahl somatischer Diagnosen, dann die Diagnose einer PTSD. Aber auch mit der neuen psychiatrischen Diagnose war dem Kontext nicht Genüge getan: Zwar reduzierte die „richtige“ evidenzbasierte Technik der imaginativen Traumatherapie (in den Vorstellungsübungen) die Symptome, aber erst die Berücksichtigung der familiären Situation ermöglichte schlussendlich die Entlassung aus der Klinik. Durch die Neu-Bewertung von Ereignissen in der Familiengeschichte und durch zirkuläre Wirklichkeits- und Möglichkeitsfragen zu den Interaktionen in der gegenwärtigen Familie (vergleiche in Kapitel 4.2 Punkte c und d) waren in der zunächst unübersehbaren Summe an Kriegserlebnissen, Symptomen, Familienstreitigkeiten und Sorgen erst allmählich ein Zusammenhang und eine Sinnstruktur zu erkennen. Wäre der Fokus auf Herrn A. und seinen Symptomen geblieben, wäre er womöglich heute noch Dauerkunde medizinischer Einrichtungen.


1.2 Herr D.: Ferien vom Zwang


Die Geschichte von Roland D. ist ein Beispiel dafür, wie ein Sohn den von den Eltern gewünschten und vorgezeichneten Weg mit Hilfe einer psychischen Störung verlässt, ohne offen zu rebellieren, und dabei gleichzeitig dafür sorgt, dass die sehr verschiedenen Interessen der Eltern nicht zu deren Trennung führen. Doch zunächst zur aktuellen Situation zu Beginn der Therapie. Roland D. ist auf Drängen seiner Eltern zum vierten Mal in die psychiatrische Klinik eingewiesen worden und ist wegen seiner außerordentlich starken Zwangsstörung zunächst auf der Akutstation. Dort wird er von einem Pflegefachmann aufopferungsvoll bei der Ausführung seiner Kontrollhandlungen unterstützt. Solange der Pflegefachmann im Dienst ist, hilft er Roland D. in beinahe 1:1-Betreuung dabei, seine persönliche Habe auf mikroskopisch kleine Papierschnipsel abzusuchen, die nach Angaben von Roland D. etwas Schreckliches und Gefährliches – was er aber nicht weiter erläutert – offenbaren würden, wenn sie in die falschen Hände gerieten, und ihn ins Gefängnis bringen würden. Diese Symptome werden als Zeichen einer Schizophrenie verstanden und antipsychotisch mit bis zu 900 mg Clozapin behandelt, was Roland D. etwas müde macht, aber die Zwangssymptome nicht wesentlich lindert.

Als klar wird, dass die Störung durch die Hilfestellungen des Pflegefachmannes nicht geheilt werden und die Hospitalisation länger dauern würde, wird Roland D. auf die Spezialstation für psychosekranke Patienten verlegt. Hier gerät er zunächst in noch größere Angst – denn der nun zuständige Pflegefachmann ist seiner Ansicht nach wegen einer Fehlsichtigkeit weniger gründlich in den Kontrollen. Die Idee des Teams ist nun außerdem, den Zwang mit einer Reaktionsverhinderung zu beheben.

Roland D. wehrt sich heftig gegen diesen Plan. Erst einige Zeit später stimmt er einem Kompromiss zu: An jedem ungeraden Tag hilft das Teamitglied der Frühschicht bei den Kontrollen, an jedem geraden Tag kontrolliert er allein. Diese Abmachung wird schriftlich fixiert („erster Vertrag“).

Parallel dazu ist aus seiner Familiengeschichte Folgendes zu erfahren: Roland D. wird Ende der Sechzigerjahre als jüngstes Kind eines Landwirtpaars geboren. Seine beiden Schwestern sind wenig älter. Der Vater, ebenfalls Jüngster, stammt aus der Ostschweiz. Dessen Vater wiederum hatte in Zeiten des Zweiten Weltkriegs einen kleinen Hof gekauft, den der um 14 Jahre ältere Bruder nicht übernehmen wollte. Der Vater von Roland D. kam aber für die Eltern als Hoferbe erst in Frage, als er über eine Zeitungsanzeige eine Ehefrau gefunden hatte und heiratete. Zu diesem Zeitpunkt war der Großvater von Herrn D. bereits über 80 Jahre alt.

Die Mutter stammt aus dem Emmental, wo sie als zweitjüngstes von neun Kindern ebenfalls in bäuerlichem Milieu aufwuchs, allerdings nicht auf einem familieneigenen Hof. Ihr Vater nämlich hatte wegen einer Gehbehinderung keine Chance auf einen eigenen Hof gehabt. Auf die erwähnte Heiratsannonce von Herrn D. antwortet Frau D.s Mutter, um ihre Tochter als Heiratskandidatin ins Gespräch zu bringen. Frau D. fügt sich ohne weitere Diskussionen dem Wunsch der Mutter, heiratet umgehend und zieht in die Ostschweiz.

Die Eltern von Roland D. bewirtschaften den Hof 25 Jahre lang und verkaufen ihn dann. Hätten sie ihn vorher verkauft, hätte der Erlös mit den drei Geschwistern des Vaters geteilt werden müssen, und es wären Steuern fällig geworden. Vor dem Verkauf gilt Roland D. seinen Eltern als tüchtige Hilfe. Bereits mit sechs Jahren lernt er Traktor fahren. Diese Hilfe ist umso nötiger, als der Vater eine Kuhhaar- und Heuallergie entwickelt.

Roland D. wird 19-jährig erstmals psychiatrisch hospitalisiert. Die Diagnose lautet „paranoid-schizophrene Ersterkrankung“. Die Mutter berichtet, der früher so brave Bub habe im Jahr zuvor öfters einmal in Wirtschaften verkehrt und sei angetrunken nach Hause gekommen. Ein attraktives Mädchen, zu dem er gerne eine Beziehung eingegangen wäre, habe ihn abgewiesen, was in ihm Enttäuschung und Wut ausgelöst habe. Roland selbst ist im Gespräch zunächst nahezu stumm. Das ändert sich später, was auf die antipsychotische Medikation zurückgeführt wird. Nach zwei Wochen wird Roland D. bereits wieder entlassen und schließt kurz darauf seine Lehre als Heizungsmonteur ab, arbeitet aber danach nicht in diesem Beruf, sondern hilft weiterhin auf dem elterlichen Hof.

Gut zwei Jahre später wird Roland D. auf Drängen der Eltern wieder eingewiesen. Die Eltern sind enttäuscht, dass ihr Sohn den Hof nicht übernehmen will. Roland D. selbst spricht mit leiser Stimme von großen Problemen, die er habe, mehr Einblick in sein Erleben gibt er nicht. Er wünscht sich, mit therapeutischer Hilfe eine berufliche Perspektive entwickeln zu können. Nach zehntägigem Aufenthalt wird er entlassen.

Weitere zwei Jahre später wird Roland D. erneut hospitalisiert, dieses Mal für drei Wochen. Er erzählt von Akten, die er kürzlich vernichtet habe, da sie belastendes Material über ihn enthalten hätten. Er deutet vage an, seine Vergehen hätten mit Drogen- und Alkoholkonsum sowie mit dem Lesen von Pornoheften zu tun. Die Therapeuten diagnostizieren nun definitiv eine Schizophrenie.

Die vierte und bis dato letzte Hospitalisation, deren Verlauf hier geschildert wird, erfolgt, als Roland D. knapp 30 Jahre alt ist. In etlichen Familiengesprächen zeigt sich folgender Konflikt: Die Mutter hat Heimweh nach dem Emmental und würde gerne, da nun der geerbte Hof in der Ostschweiz verkauft ist, dort einen neuen Hof kaufen. Sie redet nahezu ohne Unterbrechung. Der Vater dagegen spricht nur, wenn es unbedingt nötig ist, und dann in Form von Einwortsätzen. Von diesen weiß man nie, ob sie Roland unterstützen sollen oder zynisch gemeint sind. Er scheint in der Ostschweiz bleiben zu wollen, will aber, mangels anderer Ideen, auch wieder einen Hof bewirtschaften. Beide Eltern können sich die Landwirtschaft aber nur mit Rolands Hilfe vorstellen.

Allmählich nimmt die Therapeutin in den Einzel- wie in den Familiensitzungen eine Umdeutung vor: Sie beschreibt Roland D.s Symptomatik als Methode, mit der er ausdrücken kann, dass er nicht landwirtschaftlich tätig sein will. Nach und nach stellt sich heraus, dass auch der Vater nie als Bauer arbeiten wollte, sondern lieber eine handwerkliche Lehre gemacht hätte, und auch die Mutter offenbart, dass sie eigentlich hatte studieren wollen. In den Einzelsitzungen arbeitet die Therapeutin auf eine Externalisierung des Zwangs hin. Roland gibt dem Zwang die Attribute einer Frau, mit der er anfängt zu diskutieren. Es gelingt ihm zunehmend, mit „der Zwänglerin“ um mehr Freizeit zu verhandeln und die Kontrollen ganz frech einzuschränken: In einer mittleren Phase kontrolliert er nur noch jeden zweiten Tag gründlich („zweiter Vertrag“), in der letzten Phase nur noch abends für ein Stündchen („dritter Vertrag“). Die größer werdenden Zeiträume ohne Zwangshandlungen verbringt er zuerst in der Arbeitstherapie, später in einer Fahrradwerkstatt. Sogar mehrtägige Ferien vom Zwang sind nun möglich.

Nach Austritt aus der Klinik wohnt er zwar wieder bei den Eltern. Die Landwirtschaft ist jedoch kein Thema mehr, und er geht weiterhin täglich zum Arbeiten aus dem Haus. Die Eltern führen ihre Auseinandersetzungen darüber fort, in welchem Landesteil sie künftig wohnen wollen. Zeitweise denken sie sogar an eine Trennung.

Fazit: Die eigene Biographie des Vaters, vor allem die verhinderte freie Berufs- und Partnerwahl, erscheint als unglücklich. Trotz Allergie muss der geerbte Hof über die Runden gebracht werden, und die Heirat steht ebenfalls im Dienste dieses Ziels. Während die Mutter ihr Heimweh wortreich ausdrückt, werden Vater und Sohn immer stiller. Der Sohn lernt auf diese Weise, seinen eigenen Weg über die gravierende Symptomatik zu erkämpfen. Erst als die Bewirtschaftung des geerbten Hofs über 25 Jahre hinweg als Lebensleistung der Eltern gewürdigt wird und der Konflikt der Eltern über ihren weiteren Lebensweg offen zu Tage tritt, kann auch Roland D. den eigenen Weg offen vertreten. Je mehr er vom Vater hört, welche Wünsche und Ziele er früher hatte und heute hat, desto leichter fällt es ihm, seine eigenen Wünsche und Ziele auszudrücken. Die Symptomatik tritt in den Hintergrund. Die im Nachhinein als wirksam erscheinenden Methoden waren


  • die Externalisierung des Zwangs (vergleiche in Kapitel 4.2 Punkt h „Externalisierung“) sowie


  • die Familiengespräche in wechselnder Besetzung und mit zunehmender Wiedereinführungvon Kommunikation über den Konflikt.