Geleitwort von Steffen Fliegel
Hypnotherapie, Hypnosetherapie, Hypnose in Psychotherapie, Hypnosepsychotherapie – verschiedene Begriffe kursieren für Verfahren, die die Wirkung von Trance und Suggestion für den therapeutischen Nutzen beschreiben. Mit Dirk Revenstorf ist es gelungen, einen sehr anerkannten Experten zu gewinnen und mit seiner Um- und Übersicht sowie Praxisnähe Licht in diese Konzeptionen zu bringen. Dirk Revenstorf hat 2003 die Expertise zur wissenschaftlichen Evidenz der Hypnotherapie für den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie verfasst, aufgrund derer Hypnotherapie im Jahr 2006 vom Wissenschaftlichen Beirat als wissenschaftliche Psychotherapiemethode im Sinne des Psychotherapeutengesetzes für Erwachsene in bestimmten Anwendungsbereichen anerkannt wurde. Diese Anerkennung bezieht sich insbesondere auf somatische Erkrankungen mit psychischen und sozialen Bedingungen sowie auf Abhängigkeiten und Substanzmissbrauch.
Dirk Revenstorf sieht korrekterweise Hypnotherapie nicht als eigenständiges psychotherapeutisches Verfahren, vielmehr werden in ihr bewährte psychotherapeutische Verfahren mit Tranceanteilen verbunden. Sie kann hilfreich sein, Ursachen und aufrechterhaltende Bedingungen psychischer Probleme im Unterbewussten mit dem Ziel anzusprechen, eine Verbesserung der Symptome sowie Verhaltensänderungen bei Patientinnen und Patienten zu erreichen. Wichtig ist dabei, dass Patienten die Kontrolle über die Erarbeitung von Lösungen und deren Umsetzungen behalten. Das heißt, Patienten oder Patientinnen machen nichts gegen ihren eigenen Willen und Therapeuten oder Therapeutinnen steuern nicht in eine bestimmte Richtung, im Gegenteil: Sie nutzen und erspüren den Freiraum, der durch die Hypnose bei den Patienten entsteht. Dirk Revenstorf kann auf verständliche Weise verdeutlichen, dass therapeutische Hypnose nicht manipulierend vorgeht, sondern tiefe unbewusste Schichten des Patienten oder der Patientin freilegen kann. Dadurch kann der eigene Spielraum vergrößert werden, was Problemfindungen erleichtert.
Anhand vieler Beispiele, wie Essstörungen oder Prüfungsangst, beschreibt der Autor die einzelnen Schritte in der Hypnotherapie nachvollziehbar, schildert ihre Methoden und erläutert das therapeutische Handwerkszeug äußerst praxisnah.
Es wird vermittelt, wie ein Patient in der Trance zu begleiten ist, wie die individuellen Besonderheiten des Patienten zu beachten sind, so sein soziales Milieu, seine Werte, seine Biografie, seine Symptome oder welche Art der Darstellung er für seine Probleme verwendet. Ausgangspunkt für die hypnotische Trance ist der Patient, an ihm orientiert sich das Vorgehen, ob symptomorientiert oder konfliktorientiert. Um die hypnotische Trance als Veränderungsmedium nutzen zu können, sind verschiedene Vorgehensweisen angebracht: regressiv (Bearbeitung des Problems in der Vergangenheit), progressiv (als Vision einer Veränderung), dissoziativ und assoziativ.
Es ist erfreulich, wie es dem Autor gelingt, die einzelnen Schritte anschaulich darzustellen, den Leser und die Leserin nie aus dem Blick zu verlieren und diese mit den Vorgehensweisen dieser Therapiemethode vertraut zu machen. Ein umfangreicher Textanhang gibt Beispiele für allgemeine und Tiermetaphern, für Mythen, für Parabeln und spezielle therapeutische Geschichten sowie für Symbolisierungen, Humor und Rätseln, die in der hypnotherapeutischen Arbeit genutzt werden können.
Dirk Revenstorf zeigt auf, dass Hypnotherapie bei richtigem Verständnis eine wirksame Ergänzung anderer Verfahren, insbesondere der Verhaltenstherapie, sein kann. Insofern ist das vorliegende Fachbuch eine spannende Erweiterung des psychotherapeutischen Handelns von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie eine bedeutsame Fortführung der Buchreihe Handwerk der Psychotherapie, in der ein renommierter Psychotherapeut sein theoretisches und vor allem praktisches Wissen zur Verfügung stellt.
Steffen Fliegel, Münster